Beobachten – Hinschauen – Konzentration

Ich möchte Euch mal wieder eine Text von Theo vorstellen. Er stammt aus dem Buch „Tao heißt leben, was andere träumen„.

Die Konzentration aller Sinne auf ein Problem, ohne den Versuch des Verstandes, es zu lösen, zählt zu den kraftvollsten Mitteln des Nichthandelns im Sinne der taoistischen Lebenskunst. Die Macht des Grundes der Dinge wirkt über das Medium der Beobachtung auf unser Leben ein. Sie ist nach meiner Erfahrung dort am wirksamsten und uns am nächsten, wo wir selber ohne Chance wären, aus eigenen Kräften eine Situation zu verändern.

Betont sei an dieser Stelle ausdrücklich: es handelt sich bei Erfahrungen mit der in unser Leben hineinwirkenden Magie des Tao nicht um das Privileg von Auserwählten, oder Menschen, die sich durch unvorstellbare Mühen einen Geisteszustand errungen haben, der ein derartiges Phänomen möglich macht. Mit Hilfe der Macht der Beobachtung werden Träume wahr, werden Lebensziele erreicht und Hindernisse aus dem Weg geräumt, die unser Wohlergehen bedrohen.

Für dieses Hinschauen gibt es freilich seitens des Tao keinen Garantieschein, dass es auf Kommando jedes Mal funktioniert, wenn Sie gerade in der Stimmung sind, davon Gebrauch zu machen. Insbesondere bleibt die Wirkung dort aus, wo eine Sache bereits mit einem Funken gesundem Menschenverstand zu lösen ist. Oder wo das Kontrastprogramm auf unserem Lebenspfad in bestimmten Situationen entschieden NEIN zu unseren Beschlüssen sagt. Ich würde mich betrogen fühlen, wenn mir ein Mensch oder eine höhere Macht die Gewissheit grundsätzlich erfüllter Wünsche geben würde. Eine derartige Sicherheit wäre der Garant für ein immer mehr auf das Mittelmass einer einschläfernden Sicherheit reduziertes Lebensgefühl, dem alle prickelnde Würze des Ungewissen, Abenteuerlichen fehlt.     (Theo Fischer)

 

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5 Antworten zu Beobachten – Hinschauen – Konzentration

  1. Guten Tag liebe Sabine,
    ich freue mich etwas von Ihnen und von Theo zum lesen und denken zu bekommen.
    Ich hoffe es geht Ihnen gut und Ihr Garten blueht bereits.

    Ich kann es nur bestaetigen, wu wei und das Tao kommen im richtigen Augenblick wenn es gebraucht wird. Ich hatte vor Weihnachten einen ueberraschenden Darmverschluss und musste ins Krankenhaus in die Notaufnahme.
    Fuenf Operationen unter Vollnarkose waren notwendig. Und alle Aerzte sagten: „Das war im allerletzten Moment.“ Heute geht es mir wieder ganz gut und ich erhole mich.
    Danke.
    Eine schoene Zeit fuer Sie
    Gruss Hans-Peter Vagt

  2. Alter_Chinese sagt:

    Denke ungefähr noch fast jeden Tag an diesen weisen alten Mann. Seine tiefgründigen, ironisch-augenzwinkernden, Kommentare zu dem Irrsinn unserer Zeit fehlen mir. Zum Glück sind seine Bücher nicht mit ihm gegangen. Die hat er uns allen hinterlassen, was für ein Segen!

  3. Matthias sagt:

    „Die Konzentration aller Sinne auf ein Problem, ohne den Versuch des Verstandes, es zu lösen …“
    Das klingt so leicht und ist doch so unendlich schwierig. Vor allem, wenn man die Einschränkungen im letzten Absatz berücksichtigt.

    Man kann die Leistung Theo Fischers gar nicht hoch genug einschätzen. Für mich steht er in einer Reihe mit Eugen Herrigel, Karlfried Graf Dürckheim und Hugo Makibi Enomiya-Lassalle.

    Aber – wie wir alle ja wissen – hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie, Frau Fischer, von all dem völlig unbeleckt geblieben sind.
    Mich würden Ihre Gedanken zum Tao genauso interessieren wie die ihres Mannes und ich würde mich freuen, wenn Sie sie mit uns teilen.

    Herzliche Grüße,
    Matthias

    • Sabine sagt:

      Hallo Matthias,
      vielen Dank für die starke Frau 😉 und natürlich bin ich nicht unbeleckt geblieben von allem, was Theo gesagt oder geschrieben hat. Meine Gedanken dazu drücken sich deshalb auch bestimmt in der Auswahl der Texte, die ich hier ins Blog stelle aus.
      Andrerseits waren Theo und ich durchaus nicht immer einer Meinung, und für mich waren und sind seine späteren Bücher immer schlüssiger als die ersten. Und ich bin auch nicht so gut im drüber reden oder schreiben, ich lebe es lieber, ohne viel Worte. Und manchmal wäre ich vielleicht auch härter in meinen Aussagen.
      Aber gerade der letzte Absatz ist das, was für mich das Tao ausmacht. Es enthebt uns nämlich nicht der Verantwortung für uns selbst und unser Umfeld. Im Gegenteil, es wirft uns auf uns selber zurück. Deshalb ist es oft so schwer nachzuvollziehen. Und deshalb funktioniert es auch nicht, wenn wir es nur ab und zu anwenden, z.B. wenn es uns grade schlecht geht und wir von irgendwoher Hilfe brauchen könnten. Wenn wir aber versuchen, immer damit zu leben und das, was Theo im letzten Absatz schreibt zu berücksichtigen, wird es mit der Zeit immer einfacher und verständlicher.

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