Muße

Wer fähig ist, in Muße zu leben, der kann nicht anders als in Muße sein. Wer nicht fähig ist, in Muße zu leben, der vermag die Muße nicht zu ertragen. Die Menschen, die unbeirrt ihr Ziel verfolgen, und ebenso die, die sich entschlossen vor der Welt verbergen, ach sie sind den Anforderungen höchster Weisheit und reichsten LEBENS nicht gewachsen. Sie sinken und fallen unwiederbringlich, Das Feuer rast, ohne Rücksicht zu nehmen, Da ist wohl einer Herr, ein anderer Knecht. Aber es ist nur für eine kurze Spanne. Die Zeiten ändern sich, und keiner kann mehr auf den anderen heruntersehen. Darum heißt es: Der wesenhafte Mensch haftet an nichts in seinem Wandel. Das Altertum hochzuhalten und die Gegenwart zu verachten, das ist die Art der Gelehrten. Aber selbst die, die den Standpunkt höchsten Altertums in unserer Zeit zu vertreten meinen: wer von ihnen vermag sich den Einflüssen dieser Zeit zu entziehen? Nur der Wesenhafte vermag es, in der Welt zu wandeln, ohne sich ablenken zu lassen, den Menschen sich anzupassen, ohne sein Selbst zu verlieren. Er schließt sich nicht an irgendeine Schule an, und doch weist er keinen Gedanken zurück, weil er von einem anderen stammt.
Chuang tzu

Es ist jetzt gerade halb neun am Sonntagmorgen. Ich sitze am Computer und hatte geplant, einen Kommentar zu Chuang tzu – und vor allem auch zur Beruhigung einiger Gemüter – zu verfassen. Als ich dann den Spruch zwei-, dreimal gelesen hatte, wurde mir klar, dass es da nichts zu kommentieren gab. Der Text ist so glasklar geschrieben, dass ihn jede Auslegung nur schwächen würde. Ich lasse ihn also für sich selbst sprechen. Euer Theo Fischer

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13 Antworten zu Muße

  1. gitti sagt:

    Danke Herr Fischer und einen schönen Sonntag!

    Es ist wunderbar sich in diesem klaren Text wiederzuerkennen!

  2. Matthias sagt:

    Dazu passt der schöne Spruch:
    Einen Tag ungestört in Muße zu verleben heißt, einen Tag lang ein Unsterblicher zu sein.

    Herzliche Grüße an alle Teilzeitunsterblichen,
    Matthias

  3. JE sagt:

    Hallo, an alle,

    ein Beitrag, der nachwirkt…. Auch wenn uns im Text in erster Linie die Muße „ins Auge springt“, so enthält er doch vielmehr: Es ist das Eins sein und offen (vorbehaltlos) sein, mit dem, was wir gerade tun und sind…. – und dennoch sich selbst bleiben können.
    Diesen erstrebenswerten Zustand, den Chuang Tzu so wahr und treffend formuliert: „….Nur der Wesenhafte vermag es, in der Welt zu wandeln, ohne sich ablenken zu lassen, den Menschen sich anzupassen, ohne sein Selbst zu verlieren. Er schließt sich nicht an irgendeine Schule an, und doch weist er keinen Gedanken zurück, weil er von einem anderen stammt.“

    Herzliche Grüße
    JE

  4. Katharina sagt:

    Schöne Idee, das mit dem für-sich-selbst-sprechen-lassen.

    Auch mir gefiel insbesondere „Nur der Wesenhafte vermag es, in der Welt zu wandeln, ohne sich ablenken zu lassen, den Menschen sich anzupassen, ohne sein Selbst zu verlieren.“

    Aus aktuellem Anlass fragte ich mich, wie das geht, wesenhaft zu sein. Was ist wesenhaft?

    Chuang tzu liefert selbst eine Art Definition, wonach der wesenhafte Mensch an nichts in seinem Wandel haftet. Und auch das Wort „wesen-haft“ an sich liefert die Erklärung: haften am (eigenen) Wesen, an sich selbst festhalten, quasi.

    Der Duden schreibt, wesenhaft ist das Adjektiv für das-Wesen-ausmachend. Essentiell, substanziell sind Synonyme.

    WESENTLICHE Grundlage um wesenhaft sein zu können, ist das man das / sein Wesen kennt. Weil man sonst nicht weiß, woran festzuhalten.

    Angenommen, dem ist so (was nicht selbst-verständlich ist, Viele irren wahrscheinlich ein Leben lang umher). Man kennt sich, weiß, was das eigene Wesen ausmacht, sprich was man mag / nicht mag bzw. kann / nicht kann.

    Woran liegt es, dass dennoch Selbstverlust eintreten kann? Ist man dann einfach nicht stark genug, sein Wesen zu halten? Man hält nicht fest genug?

    Oder winkt das Tao mit dem Zaunspfahl? Wider der Anhaftung am Ego schickt es einen in die Auflösung desselben?

    • Taononymus sagt:

      Liebe Katharina,

      was mir zu Deinen Zeilen spontan an Gedanken und Fragen einfällt:

      Warum sollte man sein Wesen festhalten müssen? Ist es nicht ohnehin vorhanden, ganz egal ob wir es kennen, uns dran klammern, oder nicht?

      Warum soll man sein Wesen erst kennen müssen, um es zu bewahren?

      Sicher ist es gut und aus verschiedensten Gründen empfehlenswert, möglichst viele Seiten seines eigenen Wesens zu verstehen. Aber die Seiten, die man weder kennt noch versteht, die sind glaube ich deswegen noch lange nicht verschwunden.
      Im Gegenteil, gerade die einem unbekannten Seiten des eigenen Wesens machen sich oft völlig unerwartet und überraschend bemerkbar.

      Vielleicht meinst Du mit „Wesen“ eher die Menge all dessen, was das begrenzte, subjektive Ich für das hält, was seine Existenz ausmacht, was es als zum Ich zugehörig ansieht, im Gegensatz zum „Rest der Welt“, der nicht dazugehört? Das wäre dann in der Tat etwas, an dem man sich zeitlebens ganz automatisch festklammert ohne verhindern zu können, daß es einem am Ende dann doch abhanden kommt.

      Aber geht das Wesen, von dem Chuang Tsu spricht, nicht weit über dieses Ich-Wesen hinaus?

      Viele Grüße,
      Taononymus

      • Katharina sagt:

        Lieber Taononymus,

        danke für Deine Worte. Diese Deine Gedanken und Fragen sind mir nicht unbekannt.

        Tatsächlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Wesen, welches „weit über dieses Ich-Wesen“ hinaus zu gehen scheint, so subtile Formen hat, dass es einem im täglichen Leben nichts nutzt. Ja vom Nutzen muss ich sprechen.

        Bislang erfuhr ich zumindest, dass eben nur (?) „dieses Ich-Wesen“ einen in der Spur hält. Vielleicht mag es sich dabei um eine Reduktion des Wesens handeln. Gleichzeitig ist Reduktion ja Essenz (also in der Küche auf jeden Fall – kleiner Scherz meinerseits).

        Mit dieser Erkenntnis beschloss ich einst, das „weite Wesen“ (das, was wir hinter Chunangs Wesen vermuten) zu beschränken. Sprich, die Röcke zu raffen und reduziert, iSv auf meine Essenz gestellt, weiter zu gehen.

        Und ja, damit beschloss ich auch, dass Festhalten nichts Verwerfliches sondern etwas sehr Brauchbares ist.

        Um den Bogen zu schließen: wenn Ich-Verlust eintritt, heißt es wohl, der Beschränkung einmal eine Pause geben zu müssen um dem „weiten Wesen“ Raum zu geben? Falls ja: warum ist das schmerzhaft? Weil eben der Anhaftung Einhalt geboten wird? Weil so etwas wie Entreissen statt findet, was nunmal unsanft ist? Aber wer oder was leitet einen solchen Prozess ein? DAS ist Tao?

        Zuviel Deutung?

        Sonnige Grüße,
        Katharina

        • Taononymus sagt:

          Liebe Katharina,

          ein paar Gedanken meinerseits zu Deinen Fragen. Natürlich kann auch ich nur von mir selbst aus zu diesem Thema etwas sagen, aber vielleicht ergeben sich daraus ja ein paar Anregungen.

          Den Lebensprozess der Herausbildung eines Ich-Wesens über dessen Nutzbarmachung nach bestem Wissen und mit allen Kräften bis hin zu einem Punkt, an welchem neue Entwicklungen dem Ich die nötige Energie entziehen, um weiterhin allein alles „in der Spur“ zu halten, den erlebe natürlich auch ich.
          Auch bei mir reagiert das „Ich-Wesen“ mit Ängsten, Zweifeln, Wut und Trauer, wann immer es erfahren muss, dass seine Alleinherrschaft illusionär und diese Illusion nur so lange haltbar war, bis neben dem Ich neue Bereiche des meines umfassenderen Wesens ins Leben zu drängen beginnen. Die Zeitspanne des ausschließlichen Ich-Regimes mag beim einem zwanzig Jahre umfassen, beim anderen vielleicht vierzig oder sogar noch länger. Und während sie andauert gilt in der Tat das Dogma: „ICH ALLEIN bin nützlich!“ In dieser Phase ist alles andere zu subtil, zu abwegig, zu ungreifbar, zu unbrauchbar etc. und wird vom Ich kurzerhand rausgeworfen.

          Aber ich glaube früher oder später steht der Alleinherrschaftsanspruch des „Ich-Wesens“ bei jedem Menschen zur Disposition, wenn der Mensch nicht seelisch krank werden will.
          Denn es müssen zunehmend mehr Kräfte nur dafür aufgewendet werden, um diese Alleinherrschaft aufrecht zu erhalten und um alle anderen Bereiche des eigenen Wesens weiterhin „draußen“ zu halten. Irgendwann übersteigen die seelischen Kosten dieser Anstrengung den Nutzen bei weitem, was sich nach meiner Erfahrung nicht für beliebig lange durchhalten lässt. Auch ich musste irgendwann einsehen: der Lebensprozess, der mich ausmacht, hat zwar auch mein Ich-Wesen hervorgebracht, aber er ist damit noch lange nicht am Ende, er geht weiter indem er NEBEN dem weiterhin bestehenden Ich-Wesen andere, noch ungeborene Bereiche meines Wesens aufleben läßt.
          Das Ich geht dabei nicht verloren, aber es verliert an Energie und Wichtigkeit, es muss plötzlich teilen lernen und neigt natürlich dabei zum „Schmollen“. Mir kommt es dabei manchmal ein bisschen wie ein Einzelkind vor, das sich nach der Geburt eines Geschwisters in einer neuen Position einrichten muss.
          Und die vom Ich-Wesen angesichts dieser Entwicklung zunächst mit unterschwelligem Ressentiment gestellte, aber durchaus logische und verständliche Frage „Was soll MIR all das weit über mich hinausgehende Wesen im Alltag überhaupt nützen!?“ , die wandelt sich um Zuge einer Neuausrichtung zu einer ganzen Reihe anderer Fragen.

          Eine davon lautet geradezu umgekehrt: „Wozu ist die Beschränkung meines weiten Wesens auf das enge Ich-Wesen im Alltag überhaupt noch nütze, wenn ihr ursprünglicher Zweck, nämlich „alles auf der Spur zu halten“, seinen Sinn verloren hat?“

          Oder, noch weitergehend: „ Was tue ich mir mit der Einschränkung auf mein Ich-Wesen eigentlich an? Was wird alles aus meinem Leben herausgeschnitten, verleugnet und amputiert, wenn mein Ich-Wesen weiter allein regiert? Was von mir muss alles zugunsten dieser Ich-Monokultur im Dienste eines scheinbar unantastbaren aber mittlerweile sinnlos gewordenen Nützlichkeitsdogmas verkümmern?

          Im Zuge dieser Fragen schrumpft das Ich-Wesen meinem Empfinden nach dann zunehmend vom Alleinherrscher, der „Alles in der Spur“ halten muss zum „Freund und Helfer“, der nur noch dort mit anpacken muss, wo seine speziellen Begabungen gefragt sind.
          Nach allem Kampf und Krampf gegen diese Entwicklung ist der Lohn für das Ich überraschenderweise eine deutliche Erleichterung! Und auch die „Hilfe-ich-löse-mich-auf“-Hysterie, mit der mich dieser „alte Freund und Kupferstecher“ immer wieder „kopfscheu“ macht, die entpuppt sich bei jedem weiteren gelungenen Schritt in dieser Richtung einmal mehr als völlig unnötig.

          Viele Grüße,
          Taononymus

        • Matthias sagt:

          Liebe Katharina,

          Schmerz ist ein natürliches Signal, das entweder vor bevorstehender Schädigung warnt oder auf Wachstums- oder Heilungsprozesse hinweist. In jedem Fall bedeutet es, den Körper in Ruhe das machen zu lassen, was für ihn gut ist, denn er hat seine eigene Weisheit.

          Auch wenn Schmerz sich körperlich äußert, kann er doch auf tiefere Ebenen verweisen.
          In deinem Beispiel könnte der Schmerz darauf hinweisen, dass zu lange am jeweiligen Ich festgehalten wurde bzw. nach Ich-Verlust ein Heilungs- oder Wachstumsprozess im Gange ist.

          Christian Morgenstern verdanken wir das schöne Bild: „Das Ich ist die Spitze eines Kegels, dessen Boden das All ist.“
          Man kann auch sagen: dessen Boden dein Wesen ist.

          Es scheint, als sei das Ich die essenzielle Reduktion deines Wesens. Wenn dem so wäre, bräuchte sich das Ich nicht zu ändern, denn es entspräche ja immer deinem Wesen.
          Ich denke eher, das Ich ist eine Reduktion im Sinne einer Einschränkung, eine Facette aus der unendlichen Vielzahl aller möglichen. Diese Facette ist vielleicht gerade notwendig und passend, um den Alltag zu bewältigen, hat aber irgendwann auch ausgedient. Festhalten ist nicht verwerflich, zu lange festhalten schon.

          Erweitern wir das Bild vom Kegel zum Bild des kegelförmigen Eisbergs, der im Wasser schwimmt.
          Das Ich ist dann der winzige Teil, der sichtbar ist. Es kann noch nicht einmal selbst den großen Teil seines Selbst (seines Wesens) sehen. Veilleicht noch einen Teil spüren. Der Rest bleibt dem Ich aber nicht direkt erfahrbar.

          Mein Verständnis ist, dass die Impulse zum Ändern der Ich-Facetten vom Boden des Kegels kommen. Das Ich hat darauf keinen Einfluss. Das Ich kann diese Impulse annehmen und eine andere Facette wählen, ohne dass sich am Boden des Kegels etwas ändert. So verstehe ich Chuang Tzu’s Aussage „Nur der Wesenhafte vermag es, … den Menschen sich anzupassen, ohne sein Selbst zu verlieren.“

          Herzliche Grüße,
          Matthias

  5. JE sagt:

    Hallo,
    – so wundere ich mich über so viele Worte wegen eines Wortes („wesenhaft“).

    Wir Menschen tendieren offensichtlich dazu, zu glauben, es müsste für alles einen Begriff geben. Denn das, was wir nicht in unseren Wortschatz pressen können, das scheint nicht zu existieren – und: wenn dann endlich ein Wort gefunden ist, müssen wir auch noch ein Synonym finden, damit wir es noch besser begreifen und in unsere „Sprach- und Denk-Schubladen“ pressen können.
    Ich verstehe „wesenhaft“ als wesenhaft (ein treffendes und mit wenig Vor-Urteilen belastetes Wort, für das es in unserem Sprachgebrauch aus meiner Sicht kein wirkliches Synonym gibt und auch keins brauche).

    Manchmal lässt sich ein Verstehen nicht nur an den uns zur Verfügung stehenden Begrifflichkeiten festmachen – vielleicht einfach „wirken“ lassen…das kann so entspannend sein 🙂

    Liebe Grüße an alle „Wesenhaften“
    JE

    • Taononymus sagt:

      Lieber JE,

      der Versuch, Begriffe zu definieren ist ja nur eine von mehreren möglichen Motivationen dafür, nach Worten zu suchen und diese dann auszutauschen.
      Eine andere Motivation kann es beispielseweise sein, sich mit anderen Menschen über deren Gedanken und Ideen auszutauschen um sich von diesem Austausch anregen oder manchmal sogar bewegen zu lassen.

      Für mich persönlich ist die letzte Variante viel spannender als jede Diskussion um Begriffsdefinitionen. Im Gegensatz dazu mag für jemand anders jeder Grund zum Austausch erlöschen, sobald ein Begrirff eine für ihn/sie stimmige Definition erhalten hat.

      Vielleicht ist es einfach eine Typfrage, was einen bestimmten Menschen letztlich zum „Worte machen“ motiviert?

      Viele Grüße,
      Taononymus

  6. Katharina sagt:

    Irgendwie finde ich es schön, was nach einer simplen Begriffsdefintion und Synonymklauberei entstanden ist. Und ja, wie Taononymus schreibt, „sich mit anderen Menschen über deren Gedanken und Ideen auszutauschen um sich von diesem Austausch anregen oder manchmal sogar bewegen zu lassen“.

    Ich bin ziemlich dankbar, wissend, wie irreführend Worte manchmal sein können. Aber das doch nur, wenn man an Ihnen haftet. Aus meiner Sicht wurde Einiges transportiert. Worte fungierten als Träger von Botschaften.

    Und: tatsächlich haben sie mich persönlich bewegt. Danke auf diesem Weg für Eure Worte.

    Konkret bewegte mich, dass das Ich-Wesen und seine Nützlichkeit behutsam ad absurdum geführt wurde. Mir ist das nicht unbekannt. Aber es macht einen Unterschied, wenn man eine Frage in den Äther (oder in den Blog :-)) schickt und Antwort erhält, als wenn man sich selbst um seine Fragen und Antworten dreht.

    Was mich oft ver-ZWEI-feln lässt, ist ein von mir wahrgenommener Widerspruch von Wesen und Ich-Wesen (Das aber betrifft mich persönlich (s.u.), denke, dass die meisten kongruenter leben.). Soll heißen, dass das Ich-Wesen Dinge tut, die dem „Boden des Kegels“ nahezu fremd sind. Dass es Verantwortlichkeiten trägt / pflegt, mit denen sich das „weite Wesen“ nicht belasten würde. Usw usw…
    Dieser Dualismus mündet in Existenzängsten. Wenn die Beschränkung des weiten Wesens auf das enge Ich-Wesen “alles auf der Spur” hält, läuft alles aus dem Ruder, wenn die Beschränkung aufgehoben wird. Läuft alles aus dem Ruder, ist Existenz in Gefahr.

    Mithin die „Übereinkunft mit dem Leben“, sich „brav“ zu beschränken um Anforderungen und Funktionen gerecht zu bleiben. Unter in-Kaufnahme der von Taononymus erwähnten „seelischen Kosten“.
    Und dann der fortwährende Versuch, den Widerspruch aufzulösen, glaubend, dass er in einem selbst liegt. Viel Arbeit, nunja…

    Allen zusammen einen angenehmen Tag!!
    Katharina

  7. JE sagt:

    Lieber Taononymus,

    einen Austausch erachte ich immer (!) für sehr wichtig, zumal jede/jeder seinen eigenen Zugang hat und finden sollte….das ist das Wesen-tliche.
    Ich hoffe, mein Kommentar war dahingehend nicht missverständlich.

    Herzliche Grüße
    JE

  8. Taononymus sagt:

    Liebe Katharina,

    tiefe innere Widersprüchlichkeiten sind glaube ich ein allen Menschen gemeinsames Lebensthema, einige sehen darin sogar den „Motor“ hinter dem ganzen Lebensprozess. Bin vor kurzem erst über folgenden Text von C.G Jung gestolpert, der genau dies in seiner Arbeit ebenfalls feststellt und mit folgenden Worten umschrieben hat:

    „… Ich hatte nämlich inzwischen einsehen gelernt, dass die größten und wichtigsten Lebensprobleme im Grunde genommen alle unlösbar sind; sie müssen es auch sein, denn sie drücken die notwendige Polarität, welche jedem selbstregulierenden System immanent ist, aus.

    Sie können nie gelöst, sondern nur überwachsen werden.

    Ich fragte mich daher, ob diese Möglichkeit des Überwachsens, nämlich der weiteren seelischen Entwicklung, nicht überhaupt das normal Gegebene und darum das Steckenbleiben an oder in einem Konflikt das Krankhafte sei. Jeder Mensch müsste eigentlich jenes höhere Niveau wenigstens als Keim besitzen und diese Möglichkeit unter günstigen Umständen entwickeln können.

    Wenn ich den Entwicklungsgang jener betrachte, welche stillschweigend, wie unbewusst, sich selber überwuchsen, so sah ich, das ihre Schicksale insofern alle etwas Gemeinsames hatten, nämlich das Neue trat aus dem dunkeln Felde der Möglichkeiten von außen oder von innen an sie heran; sie nahmen es an und wuchsen daran empor.

    Es schien mir typisch zu sein, dass die Einen es von außen und die Anderen es von innen nahmen oder vielmehr, dass es dem Einen von außen und dem Anderen von innen zuwuchs. Nie aber war das Neue ein Ding allein von außen oder allein von innen. Kam es von außen, so wurde es inneres Erlebnis. Kam es von innen, so wurde es äußeres Ereignis.
    Nie aber war es absichtlich und bewusst gewollt herbeigeschafft worden, sondern es floss vielmehr herbei auf dem Strom der Zeit. …“

    Aus C.G. Jungs Einführung zu Richard Wilhelms Übersetzung taoistischer Texte, „Geheimnis der goldenen Blüte“, 1929

    Viele Grüße und einen schönen Sonntag noch,
    Taononymus

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