Höchste Güte ist wie das Wasser.
Des Wassers Güte ist es, allen Wesen ohne Streit zu nützen.
Es weilt an Orten, die alle Menschen verachten. Darum steht es dem Tao nahe.
Beim Wohnen zeigt sich die Güte an dem Platz.
Beim Denken zeigt sich die Güte in der Tiefe.
Beim Schenken zeigt sich die Güte in der Liebe.
Beim Reden zeigt sich die Güte in der Wahrheit.
Beim Walten zeigt sich die Güte in der Ordnung.
Beim Wirken zeigt sich die Güte im Können.
Beim Bewegen zeigt sich die Güte in der rechten Zeit.
Wer sich nicht selbst behauptet, bleibt eben dadurch von Tadel frei.
Eine treffendere Metapher für das Wirken des Tao als das Wasser zu suchen wäre ein hoffnungsloses Unterfangen. Laotses Denkweise wurde allerdings laut zeitgenössischen Deutungen weniger von der Urkraft und Gewalt des Stromes beeinflusst – diese bevorzugt Chuang tzu – als vom Wasser als Sinnbild der Stärke von Sanftmut und Weisheit. Es weilt an Orten, die alle Menschen verachten. Darum steht es dem Tao nahe. Mit den zwei Sätzen betont Laotse das Nicht-Streben, das Sein an Stelle von Werden, den Verzicht auf Bedeutung. Er vergleicht die scheinbar niedrigste Stellung des wesenhaften Menschen mit dem Wasser, weil sich Wasser immer an den tiefsten Stellen sammelt. Flüsse brauchen Täler, Quellen das Gefälle im Gebirge, um zum Strom zu werden. Weiterlesen