Das Geheimnis geistiger Kraft

Kraft ist nicht das Gegenteil von Schwäche. Alle Gegensätze beschwören nur neue Gegensätze herauf. Kraft ist kein Ereignis des Willens, und Wille ist Handeln im Widerspruch. Es gibt eine Kraft, die keine Ursache hat, die nicht aus vielfachen Entscheidungen zusammengesetzt ist. Es ist diese Kraft, die in Negation und Ablehnung existiert. Es ist diese Kraft, die aus totalem Alleinsein entsteht. Es ist diese Kraft, die kommt, wenn aller Konflikt und alle Bemühungen vollkommen aufgehört haben. Krishnamurti

Krishnamurti besaß diese Kraft und er beschreibt in seinem Notizbuch (S. 134) in wenigen klaren Sätzen ihren Charakter. Die Einfachheit des Rates, wie man sie erlangt, gleicht den Hinweisen der alten Taoisten, die wegen ihrer Schlichtheit so schwer zu verstehen und entsprechend schwierig umzusetzen sind. Als erstes stellt er diese Kraft über jede Polarität – sie ist kein Teil einer Kausalkette, und kann darum keinen Gegensatz haben. Und es gibt keine Technik, mit der der menschliche Willen sie erringen könnte. Aber diese Kraft, sagt Krishnamurti, zieht unaufgefordert bei Ihnen ein, wenn Sie sich zu einer ganz bestimmten Geisteshaltung durchringen können, und ich will versuchen, sie so klar wie möglich zu formulieren: Diese Kraft wird in keiner Gemeinschaft in unserer Welt verteilt. Sie kehrt einzig bei Ihnen ein, wenn Sie sich von jeder Gruppierung fern halten und für sich allein bleiben. Das Gefühl des totalen Alleinseins ist da, wenn Sie zu spüren beginnen, dass die Welt, die Sie erleben, einzig durch Ihre eigene Wahrnehmung existiert und ohne Ihre einsame Mitwirkung gar nicht vorhanden wäre. Diese Einsicht wächst in Ihnen heran, wenn Sie alle von außen kommenden Informationen und Einflüsse über das Sein über Bord werfen, sie verneinen und ablehnen.
Dies betrifft auch jene Inhalte, die wahr sein mögen. Selbst wenn Ihnen von anderen Quellen die absolute Wahrheit offeriert wird, ist sie nichts wert, solange sie nicht in Ihnen selbst gewachsen ist. Schließlich muss eine letzte Barriere fallen, Ihre kontinuierlichen Bemühungen um Wachstum und Erkenntnis nämlich. Geben Sie alles auf – und die Kraft ist da!

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6 Antworten zu Das Geheimnis geistiger Kraft

  1. Sigrid Frank sagt:

    Hallo Herr Fischer,
    danke für die mir tröstlichen Worte, die mir mein All-ein-sein in Kraft-sein, deutlich machen. Meine Augen, Ohren, Sinne, meine Wahrnehmung ist meine Welt. Sie ist reich und voll Leben. Ein Außenstehender wird nichts bemerken und es in Frage stellen. – Ich fühle mich bestätigt und bin froh, diese web-site gefunden zu haben. Ich wünsche Ihnen eine gute Zeit – ich plane einen Urlaub im nächsten Jahr bei Ihnen -lgr sigrid frank, nürnberg

  2. Rouven sagt:

    Scheint auf den ersten Blick nicht direkt logisch, und doch bestätigt es sich immer wieder: Wo man selbst ganz aufhört zu wollen oder auch begreifen zu wollen, „da klart der Himmel auf“ und Kraft und Richtung sind da. Tai Chi oder auch Wu wei par excellence sozusagen =)
    Nur seltsam, dass für den Moment auch jede Religion an Bedeutung verliert. Das ist erstmal irritierend.

    • Theo Fischer sagt:

      Hallo Rouven,
      ohne die gesellschaftliche Bedeutung der Religionen hätten wir das Chaos. Wir haben es zum Teil ja samt der Religion – siehe z.B. das Nazi-Szenarium – noch immer mit Abarten eines mittelalterlichen Aberglaubens zu tun, der einst Frauen zu Hexen erklärte und verbrannte. Wenn die Religionen an Stelle versuchter Machtausübung sich an Krishnamurtis Weg zur geistigen Potenz hielten, wäre es um unsere humanistische Kultur besser bestellt. TF

      • gitti sagt:

        Hallo lieber Herr Fischer, Sie schreiben in ihrem Text…diese Kraft zieht bei uns ein, wenn wir uns zu einer ganz bestimmten Haltung durchringen können…
        ist das doch eine Frage des Willens? sozusagen nur am Anfang-
        dann läuft alles von selber?
        Eines merke ich schon, man muß seinen Geist immer wieder klären, damit sich diese Kraft einstellen kann, so ganz von selber läuft das nicht. Das Bewußtsein klärt den Geist. Und was ist das Bewußtsein- diese eine Kraft. Ich fühle mich momentan ganz klar bei dieser Formulierung.
        Um die Wahrheit hinter den Worten zu verstehen muß man zur gleichen Klarheit kommen.
        Das glaube ich haben Sie gemeint, es muß alleine in uns wachsen, dann spüren wir was Wahrheit ist.
        mit lieben Grüßen Gitti

        • Taononymus sagt:

          Hallo Gitti,

          also mir waren Erfahrungen dieser Art von Kraft bisher nur in Phasen völliger Erschöpfung allen Wollens vergönnt. In Situationen, die so vermurkst waren, dass ich mich einfach nur noch hingesetzt habe um zu warten dass die Zeit rumgeht.

          Keine Ahnung, ob das irgendwann im Leben nochmal ein bißchen einfacher zu haben ist. Wär‘ natürlich schön, aber hier nachhelfen zu WOLLEN trau‘ ich mich erhlich gesagt nicht mehr so recht.
          Denn das von Kindheit her eingeprägte „Wo-ein-Wille-da-ein-Weg“ war zu oft in meinem Leben auf paradoxe Weise nur allzu wahr: mein Wille ließ mich wohl bis zur Erschöpfung alle möglichen Wege zurücklegen und Ziele erreichen.
          Aber letztlich nur, um am Ende eines jeden dieser Wege wieder mal festzustellen, daß er mit DEM Weg, von dem hier in diesem Blog die Rede ist, nichts gemein hatte.

          Viele Grüße,
          Taononymus

          • gitti sagt:

            Hallo Taononymus!

            Auch ich hatte von Kind auf Probleme mit diesem Wollen wo man mit Disziplin eine Sache durchzieht und am Ende alles umsonst war.
            Aber es gibt noch dieses andere Wollen, vielleicht besser, die Bereitschaft, sich dieser einen Kraft zu öffnen- ohne viel tun zu müssen.
            Ich glaube einfach nicht, das man immer bis zur Erschöpfung gehen muß, um den WEG zu erkennen.
            Das kostet enorm viel Energie und läßt entsprechende Narben zurück. Das heißt nicht, das das Leben eine rosarote Wolke ist – doch um einiges lockerer und gar nicht langweilig
            und sehr lebendig.
            Alles Gute und im Sinne Freuds
            eine freischwebende Aufmerksamkeit
            Gitti

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