Die dritte Individuation

Man muss erst ein voller Mensch, eine wirkliche Persönlichkeit geworden sein und die Leiden dieser Individuation erlitten haben, ehe man das Opfer dieser Persönlichkeit bringen kann.

                                                                                                             Hermann Hesse

 

In einem Weihnachtsaufsatz von TAGundTAO habe ich vor Jahren über die zweite Individuation geschrieben – und glaubte, damit habe es sich im Sinne menschlicher Entwicklung. Heute bin ich  – und ich fürchte, eine dritte Individuation hat mich am Wickel. Sie kündigte sich durch zunehmende  Schmerzen an – morgen bekomme ich die Resultate von Röntgenaufnahmen, und wir sind ständig auf der Suche nach wirkungsvolleren Schmerzmitteln.

Das drückt auf die Stimmung. Die zu einer neuen Individuation herausgeforderte Psyche überlegt, ob sie kämpfen oder aufgeben soll. Ich habe jetzt eine Woche lang dieses Ringen betrachtet und unversehens, während ich diese Zeilen schreibe, ist eine derartig heftige Wut in mir ausgebrochen, und der Entschluss stand von einem Augenblick zum anderen fest: Es wird nicht aufgegeben. Ich werde gegen die Schmerzen mit allen Mitteln angehen, die zu beschaffen sind – und ich werde meinen Geist auf eine neue, vielleicht diesmal finale Individuation einstellen – und diese ist auf Kämpfen und nicht auf Aufgeben ausgerichtet.

Theo Fischer, der sich ganz herzlich für Eure guten Wünsche und Gedanken bedankt.

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11 Antworten zu Die dritte Individuation

  1. gitti sagt:

    Lieber Herr Fischer!
    Carl Gustav Jung schreibt: Individuation bedeutet, sich nicht danach zu richten „was man sollte“ oder „was im allgemeinen richtig wäre“, sondern in sich hinein zu horchen, um herauszufinden, was die innere Ganzheit jetzt hier in dieser Situation „von mir oder durch mich“ bewirken will.
    Ich frage Sie, ist für Sie die Schulmedizin der einzige Weg? Vor längerer Zeit schrieben Sie von immer wiederkehrender Schmerzen durch einen Splitter (Knie?) und wie Sie den Schmerzen mittels Gedankenkraft Herr wurden.
    Ich bin überzeugt, daß wir über starke innere Heilkräfte verfügen.
    Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen alles Gute Gitti

  2. Margit Quicker-Coluccini sagt:

    Lieber Theo,

    nicht aufzugeben ist ganz sicher eine hervorragende Entscheidung – solange noch ein Funke glüht, kann das Feuer auch wieder entfacht werden – und dieser Blogbeitrag zeigt doch, dass du begonnen hast, Dich in DEINEM Leben wieder ‚einzurichten‘.
    Auch wenn es einige Veränderungen und Unbequemlichkeiten mit sich bringt, sind es nicht gerade die neuen Herausforderungen, die uns stetig wachsen lassen?
    Willkommen zurück – welch eine Freude, für Dich und für uns!

    Mögen Deine Schmerzen vor Deinen inneren Kräften fliehen und/ oder vor einer chemischen Armee – Hauptsache Du gewinnst auch diese Schlacht.

    Weiterhin alles Gute wünschen Dir Margit & Angelo

  3. Christoph Katz sagt:

    Lieber Herr Fischer,

    in einem Ihrer Bücher zitieren Sie Hesses „Klein und Wagner“. Ich bitte Sie – kämpfen Sie nicht, lassen Sie Sich fallen, lassen Sie los, leben Sie! Leben Sie jeden Augenblick Ihr Leben durch allen Schmerz hindurch – leben Sie!

    Christoph Katz

  4. Nico sagt:

    Lieber Herr Fischer,
    manchmal kann die Suche nach dem richtigen Arzt zur Odyssee werden. So war das auch in meinem Fall, bis ich den richtigen gefunden hatte. Dieser konnte mir aufgrund seines interdisziplinären Wissens und ganzheitlichen Herangehensweise relativ schnell helfen. Da ich ihm sehr vertraue – und das gilt aufgrund meines Berufes nicht für alle Ärzte – habe ich ihn gefragt ob er mir einen gleichgesinnten Kollegen für einen an Rheuma erkrankten Verwandten empfehlen kann. Mit den Worten „wenn einer dann dieser“ hat er mir den folgenden empfohlen. Das war erst kürzlich und ich habe noch keine Erfahrung mit ihm doch da ich gerade Ihr Buch lese und viele Ihrer Gedanken teile, dachte ich es könne vielleicht hilfreich sein auch diese Information mit Ihnen zu teilen:
    http://www.integralmed.eu

  5. thomas sagt:

    sehr geehrter Herr Fischer,

    kein Wort wäre hier angemessen: Ich bin beeindruckt und betroffen.

    Viele Grüße von einem beschämend weniger umkämpften Ort des Lebens!

  6. A.B. sagt:

    Lieber Herr Fischer,

    das Loslassen, das Nichtfesthalten, das Abwarten, wie sich das Leben entwickelt und auf die Kraft und die Weisheit des Taos vertrauen könnte Ihnen und Ihrer Frau vielleicht auch helfen in diesen schweren Stunden. Es muß ja nicht immer alles nach dem Fahrplan geschehen, nach dem wir oder andere glauben, dass es geschehen könne.

    Ich werde Sie in meinen Gedanken halten und hoffen, dass Sie es Ihnen schon bald wieder besser geht.
    Liebe Grüsse
    A.B.

  7. Timo sagt:

    Hallo Herr Fischer,

    vor einiger Zeit habe ich jemandem, der seit Jahren unter starken Schmerzen litt und bereits den Weg der Schmerzmittel voll ausgeschöpft hatte, empfohlen, es einmal mit Selbsthypnose zu probieren.
    Nach ca. 1 Monat meldete er sich begeistert bei mir, daß es wirkt, und er nach vielen Jahren endlich wieder Hoffnung schöpft.
    Ich will nicht zu viel versprechen, aber ein Versuch wäre es wert.

    Ich wünsche Ihnen eine baldige Genesung!

    Viele Grüße,

    Timo

    • gitti sagt:

      Lieber Herr Fischer!
      Da wir schon länger nichts mehr von Ihnen gehört haben möchte ich „leise“ anfragen wie es Ihnen geht.
      Die besten Grüße und Wünsche Gitti

  8. Tair Y. sagt:

    Da Sie mich nicht kennen und es wenige gibt, die den Sinn zu begreifen im Stande sind, will ich Ihnen nur mitteilen, dass: Nichts passiert einem Menschen, was nicht für das Wohl seines, und der Zukunft aller, Lebens im Universum sorgt und damit den Fortbestand der Menschheit sichert. Es gibt keinen Grund für Sie Furcht zu empfinden. Alles Leid muss genauso empfangen werden wie das Glück. (Es sind die zwei ewigen Seiten des Sinns) Geistig in der Mitte zu verweilen können nur Einzelne. Wünsche Ihnen Weisheit! (Mehr als zwei Individuationen kann ein menschlicher Geist nicht durchleben. Alle nächsten können zur Persönlichkeitsspaltung zuerkannt werden)

  9. Liebe Familie Fischer,
    ich habe Sie gerade über „wu wei“ kennen gelernt und Ihnen meine Begeisterung zum TAO quittiert.
    Nun, die Nachricht von Ihrer Frau: „Es geht nicht so gut“ mit dem Hausherrn. Schock.
    Als Rezept zur Genesung kann ich Ihnen Emile Coué in Erinnerung rufen: „Es geht mir Tag für Tag, in jeder Hinsicht, immer besser und besser!“
    Ich wünsche alles Gute und bete für Sie.
    -Hans-Peter Vagt-

  10. JE sagt:

    … Einlassen und Hineingleiten lassen, in die äußere und „höhere Bewegung“… – im Inneren sich seinem (unbewussten) Selbst bewusst und gerecht werden.
    Das ist wahres Leben – wahres Seele-Leben.
    Wenn aber der Körper und die Angst unseren Geist regiert (z.B. bei starken Schmerzen)… dann schwächt auch dies allmählich jene starke Seele… – Und so führt uns manches Mal eben erst die notwendige und hilfreiche Wut über einen ohnmächtigen Zustand, in den inneren Frieden, in das Sich-Einlassen-Können, das Annehmen, [das nicht Hinnehmen (!) bedeutet] – Eine weitere, neue (uns bis dahin unbekannte) Dimension..
    Ich würde sagen, die schwierigste Aufgabe für unsere Seele überhaupt, möglicherweise eben als die „Dritte Individuation“ zu bezeichnen?!
    Ich persönlich möchte daher nicht aussschließen, dass es eine dritte (oder vierte, oder…?) Individuation gibt, nur weil uns diese bisher noch nicht begegnet oder bekannt ist… wir hierüber noch nichts gelesen oder erfahren haben.
    Woher wissen wir…? Was wissen wir…? Was wirklich ist oder wirklich scheint…?

    Wenn wir uns die Offenheit und die Erkenntnis über unser eigenes (noch immer) unzulängliches Wissen bewahren, gibt es kein Denken, das alles, was unbekannt oder nicht in die uns bekannten Normen passt, als krankhaft abtut.

    Bedenklich finde ich es, Zustände, die außerhalb dessen liegen, was wir wissen (uns deshalb folglich als „nicht normal“ erscheinen) als krankhafte Seelenzustände oder Wesenszüge zu bezeichnen. War es nicht Hesse, der Zeit seines Lebens gegen solche Normen zu kämpfen hatte, dem allerlei „Geistesgestörtheit“ und Persönlichkeitsstörungen unterstellt wurden, nur weil sein Denken nicht in die bekannten „Seelenmuster“ passte?

    Herzliche Grüße und beste Genesung!
    Je

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