Die Notwendigkeit des Unnötigen

Hui tzu sprach zu Chuang tzu: „Ihr redet vom Unnötigen.“
Chuang tzu sagte: „Erst muss einer das Unnötige erkennen, ehe man mit ihm vom Nötigen reden kann. Die Erde ist ja weit und groß, und doch braucht der Mensch, um zu stehen, nur soviel Platz, dass er seinen Fuß darauf setzen kann. Wenn aber unmittelbar neben dem Fuß ein Riss entstünde bis hinab zu der Unterwelt, wäre ihm dann der Platz, worauf er steht, noch zu etwas nütze?“
Hui tzu sagte: „Er wäre ihm nichts mehr nütze,.“
Chuang tzu sagte: „Daraus ergibt sich klar die Notwendigkeit des Unnötigen.“

Wenn je ein Kritiker dem Taoismus die Verneinung von Lust und Lebensfreude vorwerfen sollte, würde Chuang tzus Parabel zu Gunsten des Unnötigen genau dies widerlegen. Vittorio de Sica nennt es im literarischen Katzenkalender Lebenskunst, wenn jemand zu Gunsten des Überflüssigen das Notwendige vernachlässigt. Da gab es vor vielen Jahren mal einen Film, dessen junger Held im Finale sein letztes Geld für etwas in dieser Situation völlig Sinnloses ausgab, nämlich für ein kleines Mobilé aus Glasperlen.

Uns ist im Laufe unseres Lebens schon so manches verboten oder als unnötig ausgeredet worden. Wie steht es heute bei Ihnen damit? Es ist doch meist gerade das Unnötige, das uns besondere Freude macht. Wie frei und unbefangen begegnen Sie Dingen, die Sie nicht unbedingt brauchen? Gibt es da irgendwo in Ihrem Gefühlshaushalt eine unsichtbare Barriere, die Ihren diesbezüglichen Wünschen Einhalt gebietet? Unternehmen Sie etwas dagegen! Öffnen Sie sich Ihren Wünschen und Ihren kleinen Sehnsüchten nach dem Unnötigen, nach den Dingen, die nicht lebensnotwendig sind, aber Ihnen Freude bereiten. Werden Sie aktiv. Gehen Sie aus dem Haus – und kaufen Sie, einfach aus Trotz, etwas vollkommen Sinnloses. Aber etwas, das Sie fröhlich stimmt.

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7 Antworten zu Die Notwendigkeit des Unnötigen

  1. Matthias sagt:

    Passend dazu von Reinhard Mey: Männer im Baumarkt
    (http://www.youtube.com/watch?v=QjiA1LCX3VM)

    :-))

    • Taononymus sagt:

      🙂 🙂 🙂
      … also die Männer im Baumarkt sind schon ganz heiß drauf endlich rauszufinden wo sich dieser verdammte „Riss neben dem Fuß bis hinab zur Unterwelt“ eigentlich befindet …
      … versorgt einen doch das Basteln einer Lösung für ein solch enormes Problem bis zum Lebensende mit Gründen für Baumarktbesuche …
      😉

    • Chris sagt:

      witziger Song, Matthias – danke dafür!
      Also, mich stimmt es nicht froh, wahllos unnütze Dinge zu kaufen, wie Herr Fischer empfiehlt. Ich würde danach Depressionen bekommen, weil mein Bankkonto so leer wäre. Ich denke, genau das ist oft das Problem in der Gesellschaft, die Leute kaufen zuviel unnütze Dinge, weil sie glauben, es würde ihnen Freude bereiten, tut es aber letzendlich nicht.

  2. Matthias sagt:

    Also, die Herren Chuang tzu und Theo Fischer sind schon richtige Schlitzohren.

    Erst stiften sie mit scheinparadoxen Wortspielen Verwirrung.
    Dann verrühren sie Notwendigkeit und Unnötiges zu einem tautologischen Brei, in dem alles Unnötige zwangsläufig zum Notwendigen wird, so dass am Ende nur Notwendiges übrig bleibt. Wer davon kostet, wird von einem Zirkelschluss-Schwindel erfasst, weil, was übrig bleibt, ist unnötig – und daher notwendig.

    Dem Brei werden noch unnötigerweise Nutzen und Sinn beigemengt. Das Notwendige kann nicht nutz- oder sinnlos sein. Es wendet die Not. Darin liegen sein Nutzen und sein Sinn.

    Schließlich wird die entstandene Verwirrung schamlos genutzt, um zu konjunkturstützendem Kauf von Glasperlen-Mobilés (junge Helden), Werkzeug (Männer), Schuhen (Frauen) und ähnlich Unnötigem/Notwendigem aufzurufen.

    Spaß beiseite. Menschen, die nicht einmal das Lebensnotwendige haben, werden diese Gedankenspielchen freilich am Allerwertesten vorbei gehen. Bleibt daher die Frage, ob die Philosophie und Lebensweise des Tao nur für diejenigen gilt, die mehr als das Notwendige haben.

    Mit nachdenklichen Grüßen,
    Matthias

    • gitti sagt:

      Chuang Tzu sagte: Erst muß einer das Unnötige erkennen, ehe man mit ihm vom Nötigen reden kann.
      In diesem Satz steckt eine große Herausforderung.
      Die Welt ist groß und weit aber wenn neben dem Fuß ein Riss entsteht………
      er steht also am falschen Platz, warum steht er am falschen Platz??
      Dieses Erkennen, wann etwas unnötig ist, ist wohl das Wesentliche und genau dafür gibt es keine Anleitung.
      Ich verlasse mich nicht auf meine alltäglichen Gelüste die mir gerne etwas vormachen, sondern auf dieses ganz bestimmte innere Gefühl, daß mir klar und deutlich sagt was nötig und was unnötig ist.
      Ehrlich gesagt am Besten gehts mir, wenn mir der Alltag und das Lebensnotwendige Freude machen.
      Liebe Grüße Gitti

  3. JE sagt:

    Hallo, an Alle –

    Was ist Nützlich? Was ist unnütz?
    Wer entscheidet zwischen Nützlichem und Unnützen?
    Welchen Wert hat das (vermeintlich) Nützliche und welchen das (vermeintlich) Unnütze?
    Was heute für den Einen (vermeintlich) nützlich ist, kann morgen für ihn unnütz sein, so wie dies die Geschichte von Chuang Tzu sehr deutlich macht und ich denke, dies ist die Aussage dieser Zeilen.
    Erkennen, dass sich auch Nützliches zu Unnützem wandeln kann und gleichermaßen umgekehrt.
    Wenn ich etwas brauche …egal wofür oder wozu…. wird es für mich notwendig – wenn ich es nicht (mehr) benötige, erachte ich es eben für unnütz, heißt: DAS UNNÜTZE gibt es im Allgemeinen und im Grundsatz ebenso wenig wie DAS NÜTZLICHE und niemand kann für einen anderen entscheiden, was unnütz oder nützlich ist.

    Den „Wert“ des -scheinbar- Unnützen lernt man, so denke ich, dann zu respektieren, wenn man nur einmal im Leben mit dem Notwendigsten auskommen musste, wenn die „allgemein“ als unnütz geltenden Dinge einem Ausgleich dienen oder „bloß“ der Freude ….dem doch eigentlich wiederum so Notwendigem im Leben 🙂

    Beste Grüße
    JE

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