Was immer die Dinge mir bringen,
ich stehe über den Dingen.
Was immer die Dinge mir tun,
ich tue, als wär ich immun.
Und kann ich das Wollen nicht wollen,
so schicke ich mich in das Sollen.
Die Haltung zum Guten, zum Schlimmen
kann keiner als ich nur bestimmen.
Mascha Kaléko
Das Gedicht von Mascha Kaleko drückt in starken Sätzen aus, wie man als Mensch das eigene Dasein mit allen seinen Höhen und Tiefen erlebt – richtiger: wie man ihnen begegnet. In manchen Situationen aus der Vergangenheit hätten wir, im Rückblick betrachtet, an den Weltmeisterschaften im Verdrängen teilnehmen können, und zwar mit guten Gewinnchancen. Auch tun wir ab und zu, als wären wir immun gegen die Angriffe der Yin-polaren Seiten des Lebens. Der Mensch des Weges steht dann nicht über den Dingen, weil er weiß, dass er und eben diese Dinge ein und dasselbe sind und dass er an der Wurzel seines Seins selber das verursachende Prinzip ist. Also stimmt er den Yin-Ereignissen ebenso zu wie den positiven der Yang-Seite. Denn ohne den Kontrast der Dinge wären Freude und Glück nicht mehr spürbar. Einer, der emotional nur noch über den Wolken schwebt, hat eigentlich aufgehört, richtig zu leben. Die entscheidende Aussage trifft Kaleko in den letzten zwei Zeilen: „Die Haltung zum Guten, zum Schlimmen kann keiner als ich nur bestimmen.“ Wir – Sie und ich – entscheiden, wie wir Tag für Tag jenen Dingen emotional und intellektuell begegnen, die auf uns zukommen. Wer bereit ist, die Sonnentage aus vollem Herzen zu genießen und den düsteren Tagen kraftvoll zu begegnen, ohne nach Fluchtwegen zu suchen, ist der wirklich freie Mensch. Und eigentlich ist es doch schön, dass wir die Wahl haben, wie wir mit den Bewegungen des Seins umgehen.
Lieber Herr Fischer,
mit der „Wahl wie wir mit den Bewegungen des Seins umgehen“ ist es wie mit vielen anderen taoistischen Lebensweisheiten auch: einzusehen, dass WIR die Wahl haben, das ist letztendlich simpel und einfach, so wie Sie’s hier darlegen.
Nur leider liegt der Hund auch hier wieder bei der Frage nach der Umsetzung im real gelebten Alltag begraben. Und letzterer lehrt immer wieder, dass Verstehen und Einsicht allein für diese Umsetzung nicht viel helfen.
Viele Grüße,
Taononymus