Steht nicht an meinem Grab und weint

Ich bin nicht da, ich schlafe nicht.
Ich bin in tausend wehenden Winden.
Ich bin der glitzernde Diamant auf dem Schnee.
Ich bin die Sonne auf dem reifen Korn.
Ich bin der weiche Septemberregen.
Wenn du erwachst in der Stille des Morgens,
bin ich im huschenden Flug eines Vogelschwarms.
Ich bin das zärtliche Licht der Sterne,
die leuchten des Nachts.
Steht nicht an meinem Grab und weint;
Ich bin nicht da, ich bin nicht gestorben.

Gestern Nachmittag haben wir Theo auf seiner letzten Reise begleitet. Freunde haben diesen indianischen Trauerspruch auf deutsch und italienisch gelesen, und mit Bachs 1. Orchestersuite haben wir endgültg Abschied von ihm genommen.

In den Tagen davor war er hier in der Cantina aufgebahrt, und viele Menschen sind gekommen, um von ihm Abschied zu nehmen.

Ich danke Euch allen für Eure Anteilnahme und den Trost,  den Ihr mir gegeben habt. Verzeiht mir bitte, wenn ich nicht jedem einzeln antworte, ich schaff das grad nicht.

Sabine

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5 Antworten zu Steht nicht an meinem Grab und weint

  1. Christoph Katz sagt:

    (21.Februar 2011)

    „Lieber Herr Fischer, gestatten Sie mir dass ich Ihnen ein paar Zeilen schreibe. Gerade komme ich zur Seite 225 Ihres neuen Buches. Im Jahr 1999 starb mein sehr geliebter Vater, ein Mediziner, nach einem 420 Tage währendem Martyrium in meiner alleinigen Anwesenheit bei vollem geistigen Bewusstsein an einer besonders heimtückischen Form von Leukämie. In seiner Brieftasche fand ich einen kleinen ziemlich mitgenommenen Zettel, auf dem das Gedicht stand, welches Sie auf Seite 225 erwähnen… Steht nicht an meinem Grab…

    Dieses Gedicht mag er wohl die letzten Monate seines Lebens mit sich herumgetragen haben. Ich bin zutiefest gerührt, diesen Zeilen, die seit jenen Tagen in meinem Schlafzimmer an der Wand hängen, wieder in Ihrem von mir geschätzten Buch zu begenen. Ähnlich wie die Indianer äussert sich, wie Sie sich vielleicht erinnern, Siddhartha seinem Freund Govinda gegenüber am Ende von Hesses Erzählung. […]

    Viele Grüsse aus dem Schwarzwald,
    Christoph Katz“

    (22. Februar 2011)

    „Lieber Herr Katz, danke für Ihre mail, ich kann das Erlebnis mit Ihrem Vater sehr gut nachfühlen. […] Auch freut es mich, dass mein neuer Titel Ihnen etwas gibt. Das Gedicht ‚Steht nicht an meinem Grab und weint‘ drückt ja klar und deutlich die taoistische Sicht von Leben und Tod aus: das was jener Indianer formulierte, bedeutet, dass er all dass, worin ihn die Hinterbliebenen wiederfinden können, bereits zu Lebzeiten war. Schliesslich dürfte der unbekannte Dichter ja noch am Leben gewesen sein, als er seinen Text niederschrieb.

    Mit herzlichem Gruss,
    Theo Fischer“

  2. Sittingfool sagt:

    Liebe Sabine,
    vielen Dank, dass du dir Zeit und Kraft nimmst, uns zu berichten. So können wir weiter teilnehmen und in Verbundenheit zu dir und Theo bleiben. Dieses Blog mit der Möglichkeit, uns gegenseitig teilnehmen zu lassen, ist ein Geschenk, das uns Theo hinterlassen hat. Es ist schön, dass Du es für uns alle nutzt.
    Herzliche Anteilnahme
    Frank, der berührt ist von deiner Schilderung der Beerdigung.

  3. Alter_Chinese! sagt:

    Seit ein paar Tagen scheint hier im Badischen fast ständig die Sonne und gestern abend sogar der Vollmond. Als habe sich ein Groll vergangener Wochen gelegt und der Himmel sich wieder gelichtet. Die derzeitige Wetterlage scheint Ihrem sehr schön gewählten indianischen Trauerspruch jedenfalls schon mal Recht zu geben. Alles scheint auf dem Weg zu sein.

    Ich wünsche Ihnen, Frau Fischer, aus eigener (wenn auch nicht häufiger) Erfahrung in solchen Dingen, dass Ihre Freunde und Bekannten nach der ersten Trauerphase nicht etwa glauben, die nächsten Angehörigen des Verstorbenen wären grundsätzlich aus Zuckerguss und man dürfe das vermeintliche Tabu-Thema, wenn überhaupt, dann nur äußerst sachte und mit Samthandschuhen anfassen. Denn enormer Rede- und Diskutierbedarf wird sich bei allen unmittelbar Beteiligten mit Sicherheit einstellen.

    Habe selbst, wie vermutlich viele andere seiner Leser auch, einen kleinen Teil am Tode von Theo Fischer mitzuknabbern. Er war für mein bisheriges Leben durch seine Bücher eine absolut prägende Persönlichkeit – und wird es weiterhin bleiben. Tao hin, Tao her, seine Bücher bedeuten mir nämlich sehr viel.

    Glaube es wird mit der Zeit auf wunderbare Weise alles gut werden für Sie. Ihrem Mann konnten Sie jetzt immerhin den schlimmen Kummer abnehmen, den Sie nun erstmal in sich tragen müssen, bevor es langsam wieder bergauf geht (obwohl man das erst gar nicht glauben mag). Ihm haben Sie das erspart.

    Dürre Worte meinerseits, ist mir schon bewusst, dafür aber echtes Mitgefühl.

    … So ein schönes Wetter draußen. Und kein einziges Auto auf der Straße. Ein wirklich schöner Tag!

  4. müsteba kücük sagt:

    Wir starben alle mit dir Theo

    Liebe Frau Fischer,

    Es tut weh.
    ..

    Alles liebe

  5. Matze aus München sagt:

    Sehr verehrte Frau Fischer: Theo Fischer hat schöne interessante Sichtweisen zum Tao gesagt. Ich bin sehr berührt, dass ich erst heute von seinem Tod lesen muss. Aber das Tröstliche ist: Er sagt immer noch wunderschöne Dinge zum Leben in seinen Büchern. Ganz besonders beeindruckend fand ich sinngemäß einmal den Hinweis darin: Was siehst du wirklich wenn du auf einen Baum, eine Formation in der Natur siehst? Ja es ist in der Tat die Form die zwischen einem Gegenstand sich auftut. Ich fotografiere seitdem interessante Formationen in der Natur. Die Form die gar nicht da ist und trotzdem siehst du sie. Ein Geschenk das auch noch kostenlos ist! Er hat mir quasi den Weg dorthin geebnet. Eine neue Sichtweise im Leben zu erreichen. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Die Wahrheit, die wirkliche Welt befindet sich immer hinter dem Komma. Die Mathematiker wissen es schon lange…
    Ruhe in Frieden, lieber Theo Fischer! Und interessant ist es dort bestimmt allemal.

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