An der Quelle des Tao 79

Versöhnt man großen Groll, und es bleibt noch Groll übrig,

wie wäre das gut?

Darum hält der Berufene sich an seine Pflicht

und verlangt nichts von anderen.

Darum: Wer LEBEN hat, hält sich an seine Pflicht,

wer kein LEBEN hat, hält sich an sein Recht.

Der große Groll ist in unseren Tagen leider überall auf der Welt in Gestalt von Gewaltbereitschaft zu finden. Wir selbst sind nicht frei davon. Gewiss erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie am liebsten, wie man im Volksmund sagt, mit Eisenbahnschienen dreingeschlagen hätten. Laotse wusste einst auch ohne Studium der Psychologie, dass selbst bei einem Lebensmodell der Gewaltlosigkeit im menschlichen Stammhirn Rudimente urtümlicher Gewaltbereitschaft schlummern. Dass so etwas nicht gut ist, braucht er uns in seinem neunundsiebzigsten Spruch nicht erst mit seiner Frage „wie wäre das gut?“ unter die Nase zu reiben. Ihr Gehirn – und natürlich auch meines – ist das Gehirn der Menschheit, das sich in Jahrmillionen zu seinem heutigen Stand entwickelt hat. Mit seinen Überbleibseln aus der Reptilienvergangenheit scheint es noch immer nicht genügend Zellverbände entwickelt zu haben, die ein friedliches Zusammenleben mit Artgenossen, geschweige denn mit anderen Lebewesen garantieren. Immerhin hat die Vernunft insoweit gesiegt, dass es inzwischen weltweite Abkommen gegen den Missbrauch von Massenvernichtungswaffen gibt, so dass unser Planet wohl noch eine längere Zeitspanne unter seinen Bewohnern wie unter Parasitenbefall zu leiden haben wird. Nichtsdestoweniger, und allen Heils- und Friedensbotschaften zum Trotz, bleibt nach der Versöhnung leider noch eine gewaltige Restmenge des großen Grolls übrig. Menschen hassen sich, und dies primär ihrer unterschiedlichen Überzeugungen wegen. Dass die Güter dieser Welt ungerecht verteilt sind, ist kein Geheimnis. Die Massen leiden unter der Raffgier und den Monopolen der Reichen. Aber dort, wo man sich zur Wehr setzt, sind nicht etwa diese Monopolisten die Opfer – es sind nur ähnlich Arme, die zu ihrem Pech eben eine andere Weltanschauung haben als die verzweifelten Aggressoren. Laotse hat die einstigen Zustände beinahe höflich kritisiert, aber man spürt beim Hineinfühlen doch die Resignation heraus, mit der die Zeilen verfasst worden sind.

Laotse hat für die Behebung des Missstandes eigentlich kein Rezept, selbst ihm fällt nichts ein, was ein Millionenvolk als Ganzes befrieden könnte. Er mag einst geahnt haben, wie langsam die Evolution unsere Hirnmasse verändert – vielleicht hat er sogar gefühlt, dass chaotische soziale Zustände unter den Völkern in der Großhirnrinde eher zusätzliche Muster aggressiver Abwehrbereitschaft wachsen lassen, statt dass die alten mangels Gebrauch verkümmern würden. Er setzt auf den Berufenen, also auf den Menschen des Tao. Es klingt fast wie ein Befehl, der Berufene möge sich an seine Pflicht halten und von anderen nichts verlangen – ergo auch nichts erwarten. Ich würde Pflicht aus heutiger Sicht mit  Verantwortlichkeit übersetzen. Und zwar eine Verantwortungsbereitschaft, die der Mensch des WEGES einzig sich selbst abverlangt, von den anderen aber nicht einfordert. Weil er einsichtig genug ist, sie von seinen Mitmenschen erst gar nicht zu erwarten. Dass der Berufene willens und fähig ist, Verantwortung zu tragen und sie in seinem alltäglichen Leben konsequent einzusetzen, verdankt er laut Laotse der Tatsache, dass er LEBEN hat. Leben tun die anderen auch, aber dieses LEBEN bedeutet im chinesischen Originaltext die Lebensenergie Chi, die dritte Säule der taoistischen Philosophie. Chi fließt dem Menschen zu, der in sich selber die Quelle der Lebensenergie gefunden hat, die aus dem Tao strömt. Aus diesem Potenzial schöpft der Mensch des Tao alle Energie, für sein eigenes Leben die volle Verantwortung zu tragen. Er wird niemals in Fällen des Misslingens die Schuld bei anderen suchen. Er wird seine Fehler analysieren, sich zu ihnen bekennen – und auf der Stelle daraus lernen, damit sie sich niemals mehr wiederholen. Die vom Irrtum zur Wahrheit reisen, heißt ein Sprichwort, das sind die Weisen. Die beim Irrtum verharren – das sind die Narren. Menschen, denen Chi fehlt, schließt Laotse seinen Spruch, halten sich an ihr Recht. Was auf Deutsch heißt, sie rennen zum Kadi, wenn die Folgen der eigenen Fehler sie zu überrollen beginnen. Sie lassen ihren großen Groll, sprich ihre Aggressionen bei jeder Gelegenheit an ihren Mitmenschen aus. Mit der Folge, dass sie selber natürlich nirgendwo in Frieden leben können. Man macht dann eben die anderen, die bösen, verständnislosen Mitmenschen, insbesondere die einem am nächsten Stehenden für alles verantwortlich. Der Unterschied zwischen der vom Chi gestärkten Verantwortungsbereitschaft einer Existenz und der via Bürgerliches Gesetzbuch in der Balance gehaltenen ist gewaltig. Frieden im Herzen werden vor allem jene Menschen finden – und damit auch zwangsläufig ihr gutes Recht – die sich ihrer latenten Gewaltbereitschaft bewusst sind, sie nicht verleugnen, aber so selten wie möglich Gebrauch von ihr machen. Wie sagt die Bibel: „Wer zum Schwert greift, wird durchs Schwert umkommen.“ Wie wahr. Halten wir uns also in unserer Welt voller Turbulenzen an Laotses Rat und verlassen uns auf die Lebenskraft des Chi. Diese muss nicht erst erzeugt, erarbeitet, verdient oder er-meditiert werden – sie ist schon immer da gewesen, selbst Laotse beschreibt etwas, das lange vor ihm im Menschen angelegt war.

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La Costa im Oktober

Im Oktober gibt es noch ein paar freie Zeiten in den Ferinwohnungen.

Ich habe euch ein paar Herbstbilder von La Costa mitgebracht, um euch zu zeigen, wie schön es um diese Jahreszeit hier noch ist.

 

 

 

 

 

 

Das ist die Aussicht auf die herbstlichen Berge, in denen man jetzt noch wunderbar wandern kann.  Oder man legt sich einfach in den Liegestuhl auf dem Hof.

Die Yuccas blühen zum 2. Mal.

Die Bienen genießen die Herbstsonne

und die Gottesanbeterin frißt ihre BeuteMan kann in der Keramikwerkstatt selbständig arbeiten oder einen Kurs machen.

Auf dem Flügel in der Cantina üben 

 

 

 

 

 

oder mit anderen zusammen einen Kammermusikkurs belegen

Oder man bringt sich eigene Arbeiten mit und arbeitet auf dem Hof oder in der Werkstatt.

 

 

Man kann sich aber auch einfach in den Liegestuhl auf dem Fienile legen und die Stille genießen.

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An der Quelle des Tao 79

Versöhnt man großen Groll, und es bleibt noch Groll übrig,

wie wäre das gut?

Darum hält der Berufene sich an seine Pflicht und verlangt nichts von anderen.

Darum: Wer LEBEN hat, hält sich an seine Pflicht,

wer kein LEBEN hat, hält sich an sein Recht.

Der große Groll ist in unseren Tagen leider überall auf der Welt in Gestalt von Gewaltbereitschaft zu finden. Wir selbst sind nicht frei davon. Gewiss erinnern Sie sich an Situationen, in denen Sie am liebsten, wie man im Volksmund sagt, mit Eisenbahnschienen dreingeschlagen hätten. Laotse wusste einst auch ohne Studium der Psychologie, dass selbst bei einem Lebensmodell der Gewaltlosigkeit im menschlichen Stammhirn Rudimente urtümlicher Gewaltbereitschaft schlummern. Dass so etwas nicht gut ist, braucht er uns in seinem neunundsiebzigsten Spruch nicht erst mit seiner Frage „wie wäre das gut?“ unter die Nase zu reiben. Ihr Gehirn – und natürlich auch meines – ist das Gehirn der Menschheit, das sich in Jahrmillionen zu seinem heutigen Stand entwickelt hat. Mit seinen Überbleibseln aus der Reptilienvergangenheit scheint es noch immer nicht genügend Zellverbände entwickelt zu haben, die ein friedliches Zusammenleben mit Artgenossen, geschweige denn mit anderen Lebewesen garantieren. Immerhin hat die Vernunft insoweit gesiegt, dass es inzwischen weltweite Abkommen gegen den Missbrauch von Massenvernichtungswaffen gibt, so dass unser Planet wohl noch eine längere Zeitspanne unter seinen Bewohnern wie unter Parasitenbefall zu leiden haben wird. Nichtsdestoweniger, und allen Heils- und Friedensbotschaften zum Trotz, bleibt nach der Versöhnung leider noch eine gewaltige Restmenge des großen Grolls übrig. Menschen hassen sich, und dies primär ihrer unterschiedlichen Überzeugungen wegen. Dass die Güter dieser Welt ungerecht verteilt sind, ist kein Geheimnis. Die Massen leiden unter der Raffgier und den Monopolen der Reichen. Aber dort, wo man sich zur Wehr setzt, sind nicht etwa diese Monopolisten die Opfer – es sind nur ähnlich Arme, die zu ihrem Pech eben eine andere Weltanschauung haben als die verzweifelten Aggressoren. Laotse hat die einstigen Zustände beinahe höflich kritisiert, aber man spürt beim Hineinfühlen doch die Resignation heraus, mit der die Zeilen verfasst worden sind. Weiterlesen

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Ferien abseits vom Mainstream

Die Ruhe mit Blick auf die Berge

Man muss kein/e Taoist/in sein, um auf La Costa einen Urlaub zu verbringen. Wer die Natur liebt, die Stille nach dem hektischen Alltag sucht und nicht mehr auf der Suche ist nach spektakulären Highlights findet hier eine Ferienwohnung, die all das nicht bietet, was andere anpreisen. Es gibt keinen Swimmingpool, keine Wellnessanlage, keinen Fitnessraum, keinen Fernseher und keine Gästebespaßung.

Dafür ein altes, liebevoll renoviertes Weinbauernhaus mit 2 Ferienwohnungen, die das bieten, was man in den Ferien wirklich braucht. Einen Wohnraum mit Küche – Gasherd, Kühlschrank, Geschirr, Kaffeemaschine – ein Schlafzimmer mit Doppelbett – Kinderbett oder zusätzliches Klappbett auf Anfrage – und ein Bad mit Dusche, Waschbecken und WC.

Außerdem Sitzplätze auf dem Hof, im Garten und in der Veranda.

Weitere Informationen und viele Fotos auf http://www.cascinalacosta.com

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An der Quelle des Tao 37

 

Das Tao ist ewig ohne Machen, und nichts bleibt ungemacht.

Wenn Fürsten und Könige es zu wahren verstehen,

werden alle Dinge sich von selber gestalten.

Gestalten sie sich und es erheben sich die Begierden,

so würde ich sie durch namenlose Einfalt bannen.

Namenlose Einfalt bewirkt Wunschlosigkeit.

Wunschlosigkeit macht still, und die Welt wird von selber recht.

 

Laotses 37. Spruch enthält den berühmten Satz vom unbewegten Tao, das dennoch nichts ungetan lässt. Die Verben „machen“ und „ungemacht“ sind sprachlich nicht schön, aber so hat es der Übersetzer eben gewollt, beziehungsweise aus den chinesischen Schriftzeichen herausgelesen. Ich ziehe in unserer modernen Sprache die Formulierung „und dennoch bleibt nichts unerledigt“ vor, aber wie man es auch ausdrückt, die Inhalte des Tao te king müssen von innen heraus verstanden werden und die Sprache ist letztlich die kleinere Hürde, die bei der Beschäftigung mit dem Taoismus zu nehmen ist. Lin Yutang kommentiert die englische Übersetzung des Spruches auch nicht gerade allgemeinverständlich: Der Spruch behandelt die These, dass Ruhe und Untätigkeit den Zustand der unverdorbenen Natur, der Quelle der Macht darstellen. Gleichzeitig ist uns aber auch klar, dass eine völlige Abkehr von aller Tätigkeit unmöglich ist, da wir ja in der Menschenwelt leben. Man gelangt somit zu der sich daraus ergebenden Haltung einer milden Passivität, einer nachsichtigen Gelassenheit als der weisesten Lebensform. In dem Spruch findet sich die vielleicht vollständige Schilderung der Lehre von der Untätigkeit, die sich auf  die Nachfolge der Natur und des schweigenden Wirkens des Alls gründet und gelassene Passivität sowie eine milde, gereifte Haltung als die Einstellung des Weisen zum Leben empfiehlt. 

Vom Standpunkt der Quantenphysik ließe sich das Wirken des Tao in die Kategorie „Selbstorganisation“ einordnen. Das Tao wäre das „Feld“ der Physiker, dessen unerschöpfliche Energie die Teilchen zum Tanzen bringt. Könnte man Laotse im Jahr 2009 mit der neuzeitlichen Physik samt der Kopenhagener Deutung bekannt machen, möchte ich wetten, dass er gegen diese Auslegung Einwände vorzubringen hätte. Er würde geltend machen, die Wissenschaft könne nur Wirkungen analysieren und beschreiben, aber dennoch die Ursache nicht kennen. Bereits „Feld“ oder wie immer man die Quelle aller Lebensenergie taufen wolle, sei letztlich nur das Synonym für „Unbekannt“, eine Behelfsbrücke, welche die Kluft zwischen dem Analysierten und seiner nicht beschreibbaren Quelle überbrücken solle. Dafür wäre Laotse freilich fähig, den Forschern ein anderes Phänomen zu erklären, das seit seiner Veröffentlichung im Jahr 1927 das Rätsel um die Funktion des menschlichen Bewusstseins so unlösbar erscheinen lässt: die Tatsache nämlich, dass subatomare Prozesse anscheinend nur dann geschehen, wenn sie jemand beobachtet. Dass ohne den Beobachter absolut nichts stattzufinden scheint. Und dass der lineare Verlauf der Zeit auf dieser kleinsten materiellen Ebene offenbar ebenfalls außer Kraft gesetzt ist. Der Verfasser der 81 Sprüche des Tao te king würde lächelnd die uralte Frage, ob zuerst das Huhn oder das Ei da war, als Beispiel wählen. Laotses weise Züge würden zum Grinsen werden, wenn er sagte: Ohne eure Beobachtung gibt es weder Ei noch Huhn. Und das Huhn war ebenso zuerst da wie das Ei. Denn das Huhn legt das Ei, aus dem es Wochen später selber schlüpft. Weiterlesen

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An der Quelle des Tao 23

Macht selten die Worte, dann geht alles von selbst.

Ein Wirbelsturm dauert keinen Morgen lang.

Ein Platzregen dauert keinen Tag.

Und wer wirkt diese? Himmel und Erde.

Was nun selbst Himmel und Erde nicht dauernd vermögen,

wie viel weniger kann das der Mensch?

 

Darum: Wenn du an dein Werk gehst mit dem TAO,

so wirst du mit denen, die das TAO haben, eins im TAO,

mit denen die das LEBEN haben, eins im LEBEN,

mit denen, die arm sind, eins in ihrer Armut.

Bist du eins mit ihnen im TAO,

so kommen dir die, die das TAO haben, auch freudig entgegen.

Bist du eins mit dem LEBEN,

so kommen dir die, die das LEBEN haben, auch freudig entgegen.

Bist du eins mit ihnen in ihrer Armut,

so kommen dir die, die da arm sind, auch freudig entgegen.

Wo aber das Vertrauen nicht stark genug ist, da findet man kein Vertrauen.

Ich hoffe, Sie empfinden meine Stellungnahmen zu Laotses Weisheit nicht wie eine Art Bibelstunde, in der Ihnen an Stelle der Heiligen Schrift das Tao te king ausgelegt wird. Als ich den 23. Spruch herausgeschrieben hatte, empfand ich große Lust, ihn ohne jeden Kommentar zu liefern. Nach den vielen wortreichen Ausführungen über Laotses Weisheit müssten Sie eigentlich das Wesen des alten Taoisten so weit verstehen, dass Sie ohne besondere Gehirnakrobatik von sich aus den Inhalt interpretieren könnten. Falls Sie mitmachen, würde ich vorschlagen, dass Sie an dieser Stelle mit Lesen aufhören und sich den Spruch erst einmal zu Gemüte führen und in sich hineinhorchen, was er Ihnen sagt. Und wenn Sie ihn verstehen, dann haben Sie die Wahl, weiter zu lesen oder es sein zu lassen. Ein Vergleich zwischen Ihrer Einsicht und der meinen ist ohnehin relativ. Sie sind nirgendwo verpflichtet, zu gleichen Einsichten wie ein anderer zu kommen, gleich, um wen es sich handelt. Die Freiheit von Autorität ist wichtiger als etwaige Übereinstimmungen bei der Interpretation von Laotses Weisheiten. Der Grundsatz, von dem beim Lesen der Texte auszugehen ist, steht bereits am Anfang des Tao te king, nämlich, dass wir über das Tao nichts wissen können, und jeder Versuch, es zu beschreiben, zum Scheitern verurteilt ist, weil er nur falsche Resultate liefern würde. Ein Kritiker glossierte schon damals Laotses Widersprüchlichkeit, wenn er über ein Ding, von dem seinen eigenen Maximen zufolge kein Mensch etwas wissen kann, einundachtzig Sprüche fabriziert. Die Inhalte der Sprüche rechtfertigen das Werk trotzdem. Laotse lässt dem Tao seine Anonymität, aber er bringt uns dem Grund näher, indem er seine Auswirkungen auf unser Alltagsverhalten beschreibt und Hinweise gibt, wie ein Mensch, der dem Tao folgen möchte, sein Denken umgestalten sollte. Weiterlesen

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An der Quelle des Tao 29

  Die Welt erobern und behandeln wollen, ich habe erlebt, dass das misslingt.

Die Welt ist ein geistiges Ding, das man nicht behandeln darf.

Wer sie behandelt, verdirbt sie, wer sie festhalten will, verliert sie.

Die Dinge gehen bald voran, bald folgen sie, bald brauchen sie warm, bald blasen sie kalt,

bald sind sie stark, bald sind sie dünn, bald schwimmen sie oben, bald stürzen sie.

Darum meidet der Berufene das Zusehr, das Zuviel, das Zugroß.

Der hier wiedergegebene 29. Spruch gehört zu den Texten, die Laotse primär an die herrschende Schicht des Staates adressiert hat. Aber er trifft im gleichen Maß das Individuum, denn es sind nicht nur die Lenker eines Landes, die niemals genug bekommen, es gibt Millionen machtgieriger Zeitgenossen, auf die das ebenso zutrifft. Es ist schwer zu sagen, ob bei diesen Menschen die Gier nach Macht größer ist als die Gier nach Geld, wahrscheinlich vereinigt sich beides in ihrem kranken Gehirn. Wenn ich Bilder von der Not der Menschen in Afrika und der übrigen dritten Welt sehe, kommen mir wirklich Zweifel, ob der Homo Sapiens soviel Verstand hat, wie er zu besitzen sich anmaßt. Schon der Ausdruck „Dritte Welt“ ist eine Blasphemie. Die Erste und Zweite Welt zu sein beanspruchen Staaten mit einer Wirtschaftsordnung, in der die Reichen das Sagen haben. In denen, begonnen beim kleinen Hausmeister, jeder sich aufbläst und über andere herrschen will. Staaten mit einem funktionierenden Gesundheits- und Sozialsystem, in denen nichtsdestoweniger mehr als die Hälfte  der Bevölkerung gerade mal eben nicht hungern und frieren muss.  In der Dritten Welt herrschen darüber hinaus Korruption, Hunger, Krankheiten und eine noch gnadenlosere Hackordnung. Da muss man sich wirklich fragen, was sich in den letzten zweitausend Jahren im Neocortex unseres Gehirns positiv verändert hat. Fast will es scheinen, als ob unsere Großhirnrinde mehr als je zuvor in Richtung „Beherrschung der Welt“ mutieren würde. Wer geistig zu schwach dafür gebaut ist, versucht zumindest, den eigenen Mikrokosmos zu Lasten seiner Mitmenschen zu regieren. Vor dieser Geisteshaltung warnte Laotse damals schon. Weiterlesen

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An der Quelle des Tao 10

Kannst du deine Seele bilden, dass sie das Eine umfängt,ohne sich zu zerstreuen?

Kannst du deine Kraft einheitlich machen und die Weichheit erreichen,

dass du wie ein Kindlein wirst?

Kannst du dein geheimes Schauen so reinigen, dass es frei von Flecken wird?

Kannst du die Menschen so lieben, dass du ohne Wissen bleibst?

Kannst du, wenn des Himmels Pfortensich öffnen und schließen

wie eine Henne sein?

Kannst du mit deiner inneren Klarheit und Reinheit

alles durchdringen, ohne des Handelns zu bedürfen?

Erzeugen und ernähren, erzeugen und nicht besitzen,

wirken und nicht behalten, mehren und nicht beherrschen –

das ist geheimes LEBEN.

Der Charakter des überaus kraftvollen zehnten Spruches offenbart deutlicher als viele andere im Tao te king das Wesen des Taoismus. Man sucht vergebens nach Imperativen, wie sie in fast allen Religionsphilosophien vorkommen: „du sollst, du musst, du darfst nicht, wehe wenn du nicht…“, und so weiter. Laotse sagt durchaus, wie ein Mensch im Geist des Tao leben sollte. Aber nirgendwo ist auch nur der Hauch eines Befehlstones zu entdecken. Laotse stellt Fragen. Seine Zeilen klingen beschwörend, und wer das Wesen des Taoismus begriffen hat, spürt auch die Eindringlichkeit seiner Botschaft. Hier wird die rechte Lebensweise gelehrt, ohne dass dafür mehr als die eigene Autorität gebraucht würde. Dem Tao folgen heißt nicht, einem Lehrer gehorchen oder sich einer Versammlung Gleichgesinnter anzuschließen – wer dem Tao folgt, orientiert sich an einer einzigen, wegweisenden Macht, und diese wohnt in ihm selbst. Chuang tzu verarbeitet den Spruch in einem erfundenen Dialog zwischen Laotse und einem Mann namens Nanyungtschü und lässt den Meister unter anderem sagen: „Wenn Ihr durch die äußeren Sinne verstört, gequält und verwirrt seid, solltet Ihr Euren Geist ausruhen und  die Stille in Eurem Innern suchen. Wenn Euer Geist sich spreizt oder außer sich gerät, solltet Ihr Eure äußeren Sinne verschließen. Wer durch seine Sinne oder Gedanken verwirrt wird, kann sein Wesen nicht bewahren. Wie viel weniger kann er dem Tao folgen?“ Weiterlesen

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An der Quelle des Tao 34

Das große Tao ist überströmend, es kann zur Rechten und zur Linken sein.

Alle Dinge verdanken ihm ihr Dasein, und es verweigert sich ihnen nicht.

Ist das Werk vollbracht, ergreift es nicht Besitz.

Es kleidet und nährt alle Dinge und spielt nicht ihren Herrn.

Da es ewig nicht begehrend ist, kann man es als klein bezeichnen.

Weil alle Dinge von ihm abhängen,ohne es als Herrn zu kennen,

kann man es als groß bezeichnen.

Also auch der Berufene: Niemals macht er sich groß.

Darum bringt er sein großes Werk zustande.

Wie oft schon erwähnt, ist das Tao schwer zu beschreiben. Jeder Versuch muss unzulänglich wirken. Es ist Laotse, der das von Anfang an begriffen hat, hoch anzurechnen, dass er dennoch zahlreiche Versuche in diese Richtung unternahm. Sein vierunddreißigster Spruch dürfte einer der Schwächsten darunter sein. Wir stehen dem Tao als etwas Gewaltigem gegenüber, das aber mit unserer Sprache nicht beschreibbar ist.  Nicht dass die Sprache an sich als Werkzeug ungenügend wäre, wir können einem Ding den Namen Groß oder Winzig geben (wie die wörtliche Übersetzung von Microsoft winzigweich!  lauten würde, was die Sache kaum trifft) – aber keine dieser Zuordnungen sagt wirklich etwas über Inhalte aus. Die Tiefe des Tao mit Worten auszuloten würde dem Versuch gleichen, im Pazifik den Marianengraben mit Schnur und Senkblei zu vermessen. Dennoch enthält der Spruch zwischen den Signalen der Ohnmacht einige Zeilen, auf die es sich im Zusammenhang mit der Lebenskunst des Tao durchaus einzugehen lohnt. Doch zuerst wollen wir lesen, wie Chuang tzu Stellung zu dem Spruch nimmt: Weiterlesen

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Weihnachten 2024

Allen Taoleserinnen und-lesern wünsche ich besinnliche Weihnachtsfeiertage und ein friedliches Neues Jahr 2025.

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