Die Welt erobern und behandeln wollen, ich habe erlebt, dass das misslingt.
Die Welt ist ein geistiges Ding, das man nicht behandeln darf.
Wer sie behandelt, verdirbt sie, wer sie festhalten will, verliert sie.
Die Dinge gehen bald voran, bald folgen sie, bald brauchen sie warm, bald blasen sie kalt,
bald sind sie stark, bald sind sie dünn, bald schwimmen sie oben, bald stürzen sie.
Darum meidet der Berufene das Zusehr, das Zuviel, das Zugroß.
Der hier wiedergegebene 29. Spruch gehört zu den Texten, die Laotse primär an die herrschende Schicht des Staates adressiert hat. Aber er trifft im gleichen Maß das Individuum, denn es sind nicht nur die Lenker eines Landes, die niemals genug bekommen, es gibt Millionen machtgieriger Zeitgenossen, auf die das ebenso zutrifft. Es ist schwer zu sagen, ob bei diesen Menschen die Gier nach Macht größer ist als die Gier nach Geld, wahrscheinlich vereinigt sich beides in ihrem kranken Gehirn. Wenn ich Bilder von der Not der Menschen in Afrika und der übrigen dritten Welt sehe, kommen mir wirklich Zweifel, ob der Homo Sapiens soviel Verstand hat, wie er zu besitzen sich anmaßt. Schon der Ausdruck „Dritte Welt“ ist eine Blasphemie. Die Erste und Zweite Welt zu sein beanspruchen Staaten mit einer Wirtschaftsordnung, in der die Reichen das Sagen haben. In denen, begonnen beim kleinen Hausmeister, jeder sich aufbläst und über andere herrschen will. Staaten mit einem funktionierenden Gesundheits- und Sozialsystem, in denen nichtsdestoweniger mehr als die Hälfte der Bevölkerung gerade mal eben nicht hungern und frieren muss. In der Dritten Welt herrschen darüber hinaus Korruption, Hunger, Krankheiten und eine noch gnadenlosere Hackordnung. Da muss man sich wirklich fragen, was sich in den letzten zweitausend Jahren im Neocortex unseres Gehirns positiv verändert hat. Fast will es scheinen, als ob unsere Großhirnrinde mehr als je zuvor in Richtung „Beherrschung der Welt“ mutieren würde. Wer geistig zu schwach dafür gebaut ist, versucht zumindest, den eigenen Mikrokosmos zu Lasten seiner Mitmenschen zu regieren. Vor dieser Geisteshaltung warnte Laotse damals schon. Weiterlesen