Macht selten die Worte, dann geht alles von selbst.
Ein Wirbelsturm dauert keinen Morgen lang.
Ein Platzregen dauert keinen Tag.
Und wer wirkt diese? Himmel und Erde.
Was nun selbst Himmel und Erde nicht dauernd vermögen,
wie viel weniger kann das der Mensch?
Darum: Wenn du an dein Werk gehst mit dem TAO,
so wirst du mit denen, die das TAO haben, eins im TAO,
mit denen die das LEBEN haben, eins im LEBEN,
mit denen, die arm sind, eins in ihrer Armut.
Bist du eins mit ihnen im TAO,
so kommen dir die, die das TAO haben, auch freudig entgegen.
Bist du eins mit dem LEBEN,
so kommen dir die, die das LEBEN haben, auch freudig entgegen.
Bist du eins mit ihnen in ihrer Armut,
so kommen dir die, die da arm sind, auch freudig entgegen.
Wo aber das Vertrauen nicht stark genug ist, da findet man kein Vertrauen.
Ich hoffe, Sie empfinden meine Stellungnahmen zu Laotses Weisheit nicht wie eine Art Bibelstunde, in der Ihnen an Stelle der Heiligen Schrift das Tao te king ausgelegt wird. Als ich den 23. Spruch herausgeschrieben hatte, empfand ich große Lust, ihn ohne jeden Kommentar zu liefern. Nach den vielen wortreichen Ausführungen über Laotses Weisheit müssten Sie eigentlich das Wesen des alten Taoisten so weit verstehen, dass Sie ohne besondere Gehirnakrobatik von sich aus den Inhalt interpretieren könnten. Falls Sie mitmachen, würde ich vorschlagen, dass Sie an dieser Stelle mit Lesen aufhören und sich den Spruch erst einmal zu Gemüte führen und in sich hineinhorchen, was er Ihnen sagt. Und wenn Sie ihn verstehen, dann haben Sie die Wahl, weiter zu lesen oder es sein zu lassen. Ein Vergleich zwischen Ihrer Einsicht und der meinen ist ohnehin relativ. Sie sind nirgendwo verpflichtet, zu gleichen Einsichten wie ein anderer zu kommen, gleich, um wen es sich handelt. Die Freiheit von Autorität ist wichtiger als etwaige Übereinstimmungen bei der Interpretation von Laotses Weisheiten. Der Grundsatz, von dem beim Lesen der Texte auszugehen ist, steht bereits am Anfang des Tao te king, nämlich, dass wir über das Tao nichts wissen können, und jeder Versuch, es zu beschreiben, zum Scheitern verurteilt ist, weil er nur falsche Resultate liefern würde. Ein Kritiker glossierte schon damals Laotses Widersprüchlichkeit, wenn er über ein Ding, von dem seinen eigenen Maximen zufolge kein Mensch etwas wissen kann, einundachtzig Sprüche fabriziert. Die Inhalte der Sprüche rechtfertigen das Werk trotzdem. Laotse lässt dem Tao seine Anonymität, aber er bringt uns dem Grund näher, indem er seine Auswirkungen auf unser Alltagsverhalten beschreibt und Hinweise gibt, wie ein Mensch, der dem Tao folgen möchte, sein Denken umgestalten sollte. Weiterlesen