Zwischen Gewiss und Jawohl: was ist da für ein Unterschied?
Zwischen Gut und Böse: was ist da für ein Unterschied?
Was die Menschen ehren, muss man ehren. O Einsamkeit, wie lange dauerst du?
Alle Menschen sind so strahlend, als ginge es zum großen Opfer,
als stiegen sie im Frühling auf die Türme.
Nur ich bin so zögernd, mir ward noch kein Zeichen,wie ein Säugling, der noch nicht lachen kann, unruhig, umgetrieben, als hätte ich keine Heimat.
Alle Menschen haben Überfluss, nur ich bin wie vergessen.
Ich habe das Herz eines Toren, so wirr und dunkel.
Die Weltmenschen sind hell, ach so hell, nur ich bin wie trübe.
Die Weltmenschen sind klug, ach so klug, nur ich bin wie verschlossen in mir,
unruhig, ach, als wie das Meer, wirbelnd, ach, ohne Unterlass.
Alle Menschen haben ihre Zwecke, nur ich bin müßig wie ein Bettler.
Ich allein bin anders als die Menschen.
Doch ich halte es wert, Nahrung zu suchen bei der Mutter.
Laotses zwanzigster Spruch klingt wie Jeremias Klagelieder. Er zieht eine Trennlinie zwischen den erfolgreichen, überlegenen Weltmenschen und sich, dem Versager und Außenseiter, der so ganz anders ist als alle anderen. Müssen wir annehmen, dass wir Laotse hier an einem schlechten Tag ertappen, wo ihm alles über den Kopf wächst? Wo er sich voller Selbstmitleid über die Erfolgreichen, über die Trendsetter beklagt, die ihn einsam am Wegesrand in seinem Elend stehen lassen? Ganz und gar nicht. In diesem Text kommt sein hintergründiger Humor zum Ausdruck. Er schreibt eine Persiflage über die Menschen, die im Gegensatz zu ihm dem Zeitgeist huldigen. Erst ganz am Schluss der Litanei verrät er die Pointe: Von der Mutter, die ihn nährt, dem Tao. Den feinen Sinn dieses letzten Satzes stellt Chuang tzu in seinem Kommentar ganz vorne an und beweist damit, wie gut er den alten Meister kennt. Er hat die schalkhafte Verzerrung von Laotses eigenem Zustand auf der Stelle durchschaut und beginnt darum seine Stellungnahme zum 20. Spruch mit der Parabel vom Wesenhaften: Der Wesenhafte lebt zu Hause, ohne seinen Geist zu üben, und vollbringt Taten, ohne sich darum zu sorgen. Die Begriffe von Gut und Böse, Lob und Tadel anderer fechten ihn nicht an. Wenn sich innerhalb der vier Meere alle Menschen freuen können, empfindet er es als Glück; wenn alle Menschen wohl versorgt sind, fühlt er es als Friede. Bekümmerten Ausdrucks sieht er aus wie ein Kleinkind, das die Mutter verloren hat; töricht scheinend, geht er umher wie einer, der den Weg verloren hat. Er hat viel Geld zum Ausgeben und weiß nicht, woher es stammt. Er isst und trinkt gerade genug und weiß nicht, wo sein Essen herkommt. Solcherart ist das Benehmen eines wesenhaften Menschen. Weiterlesen →